Hunni

z u r ü c k



*   18. 1. 1964 in Hannover
†   26. 4. 2003 in Berlin

"Gott zum Gruß, stets gut zu Fuß - ein Wandersmann auf der Reise..."

Mit diesen Worten klopfte Hunni auf seinen Reisen an manche Haustür, um eine "rostige Wandermark" zu erschnorren. Manchmal nahm er auch den (Rück)Weg über den Gartenzaun. In den vergangenen zehn Jahren führten ihn seine Reisen immer wieder nach Berlin, weil er hier seine family, seinen claim gefunden hatte, wie er es nannte. Die Volksbühne und das Theater der "Ratten 07" waren zu seiner Heimat geworden. - Heimatlos war der selbst ernannte Berber eigentlich nie, da er sich überall zu Hause fühlte, wo er auf Menschen traf, die ihm zuhörten oder seinem Spiel lauschten.

Als Waise im Heim aufgewachsen, entfloh er ab dem zarten Alter von neun Jahren regelmäßig der "heimischen" Pädagogik. Auf seinen Ausflügen entwickelte sich sein aus der Not geborenes natürliches schauspielerisches Talent. Nachdem er dem Heim entwachsen war, musizierte, jonglierte, erzählte und (gelegentlich) boxte er sich durch die Straßen Europas und Marokkos. Seine Boxeinlagen galten in der Regel der Verteidigung seiner Ideale, seiner Freunde bzw. seiner Haut. Spielerisch versuchte er, seinem Publikum vom Leben derer, die ihm am Herzen lagen, zu erzählen. Hunni war mit Herz und Schnauze stets als "Streiter" für Freiheit, Gerechtigkeit und mehr Menschlichkeit unterwegs. Wobei es ihm selbst nicht immer gelang den von ihm propagierten Idealen gerecht zu werden. But nobody is perfect… Kinder, Tiere, Bettler, Musiker, Punker, Schauspieler, Straßenkünstler, Schnorrer oder einfach nur im Leben Gestrandete fanden bei ihm meist ein offenes Ohr. Auch scheute er sich nicht, mit dem Pöbel Klartext zu reden oder sich mit Justitia und ihren ausführenden Organen anzulegen. Dieser Kontaktfreudigkeit verdankte er allerdings einige Aufenthalte in Staatspensionen. Einmal sagte er einem Richter: "Herr Richter, mir ist klar geworden warum, Justitia die Augen verbunden und das Schwert erhoben hat. Zum einen will sie das Elend nicht mehr sehen, und zum anderen will sie nicht, wie angenommen, die Schlange erschlagen, sondern sich die Hand abhacken, in der sie die Waage hält." Die Ordnungsstrafe hierfür, wegen Missachtung des Gerichts, betrug 800 D-Mark.

Wenn er nicht auf Reisen, im Knast oder im Krankenhaus war, spielte er bei der Theatergruppe "Ratten 07" - die er 1993 in Berlin mitbegründete - Könige, Bettler, Handwerker, sich selbst, seine Erfahrungen und seine Träume. Seine Lieblingsrolle, den Mephisto, hat er nicht mehr auf der Bühne gespielt:
    "Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst
    Und fragst, wie alles sich bei uns befinde,
    Und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst,
    So siehst du mich auch unter dem Gesinde."
Am Morgen des 26. April 2003 hat Uwe "Hunni" Hundertmark seine letzte Reise angetreten. Er wurde 39 Jahre alt.

Jutta Welle u. Sven "LENIN" Hoffmann