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Du bist Deutschland

Was glauben wir eigentlich, wer wir sind?

Sommer 2006 - Ich absolviere gerade ein Praktikum im Streetwork-Bereich im Rahmen meines Studiums der Sozialarbeit. Bis vor kurzem lief im Fernsehen und in den Kinos permanent ein Werbespot, der einen Appell an uns alle richtete. Seine Botschaft: "Du bist Deutschland!" Obwohl uns doch erst kurz zuvor durch ein anderes Medium schon verkündet wurde, was wir eigentlich sind, nämlich Papst.

Ich stehe am Bahnhof Zoo und spreche gerade mit zwei heroinabhängigen Jugendlichen, ca. 16 Jahre alt. Sie erzählen bedröhnt von ihren Erfahrungen mit Freiern, die sie bedienen um ihre Sucht zu finanzieren. Sie erzählen, wie sie gedemütigt werden, wie die schwitzigen aufgedunsenen alten Säcke sie fotografieren und sich daran aufgeilen. Nun sitzen sie hier bei mir auf einem Klappstuhl und trinken Tee. Es ist ein Bild des Elends. Und es ist die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft. Schon seit Wochen ist das ganze Land in Schwarz-Rot-Gold gehüllt. Unweit des Zoos, am Breitscheidplatz in ca. 200 -300 Meter Entfernung findet eine Veranstaltung der CDU statt. Angela Merkel und Konsorten erzählen für uns hörbar etwas von einer Politik der kleinen Schritte und einem Land, das man freundlicher gestalten solle.

Unter dem Eindruck meines Gesprächs und beeinflusst durch die Kulisse des Bahnhofs, die Fahnen, die überall präsent sind und die Geräusche, die ich vernehme, kommen starke Gefühle in mir auf. Ich bemerke, dass ich traurig bin und vor allem, dass ich wütend bin. Aber eines bin ich garantiert nicht:

Deutschland

Abel vom Acker