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Rosenkriege spezial 2: Handwerkern

Postkarte zur Inszenierung RATTEN 07 spielen die Handwerkerszenen aus "Sommernachtstraum" ab 12. Februar im Prater

Das beste dieser Art ist nur Schatten; und das schlechteste ist nicht schlechter, wenn ihm die Einbildungskraft nachhilft.
Versager vor! Irre! Clowns! Und abgewickelte! Klar: Ihr seid die ewige Zugabe: unerwünscht, doch unverzichtbar - denn ohne Euch geht es nicht. Schon des Kontrastes wegen. Vom Dichterhirn befeuert, haben allerdings die ewigen Verlierer den schmerzhaften Beweis anzutreten für die allgemeine Halt-, Ziel-, und Seelenlosigkeit, die (von unten her betrachtet) über Ihnen herrscht: oben, in der Welt des Baren und Guten, wo die Herrschaft halt Herrschaft ist, auch wo deren Palästen längst kein Krieg zu erklären wäre. Darum wollen RATTEN 07 lieber wie bisher Handwerkern - diesmal mit dem Personal und den Motiven aus William Shakespeares "Sommernachtstraum" in Christoph Martin Wielands Übersetzung als "St.-Johannis-Nachts-Traum" sowie einigen Zugaben aus dem 'deutschen Schimpfspiel' von Andreas Gryphius "Herr Peter Squentz", 1685 verfaßt und Wieland offenkundig wohl vertraut, als er diesen Shakespeare übersetzte.
Wenn wir nicht schlechter von ihnen denken als sie von sich selbst, so könnten sie für vortreffliche Leute passieren. Shakespeares Handwerker spielen Traum und Alptraum zweier junger und ziemlich zauberisch durcheinanderverliebter Paare: das "Stück im Stück" bekommt durch sie die komische Fallhöhe. Denn diese schlichten Geister wollen zur Trauung des Herrschers vor Ort brillieren mit dem Bühnen- und Weih-Festspiel von echter, also tödlicher Liebe. Doch so, wie sie das spielen, ist sie bei Pärchen aus edlerem Hause kaum mehr wirklich denkbar. Was zu beweisen ist. Unübersehbar aber ist: auch ohne Romantik drumrum beginnt das, was die Handwerker leisten, zu leben, aus eigener Kraft. Auch wenn sie nur die "sideshow" liefern. Ohnehin sind die ja offenkundig nicht aus Athen, sondern aus Shakespeares elisabethanischer Gegenwart hineinphantasiert zwischen die irrend Liebenden dieser langen Nacht im Wald, wo Elfen geistern zwischen den Stämmen, ein Esel tobt und mancher Zauber mehr. Was die Herren Zettel und Schnock und Schnauz und Schlucker, Lallinger und Klotz-George tun, genauer: gerne täten unter der Fuchtel des Herrn Peter Squentz, scheint im ganzen nicht wirklich wichtig - auch ohne das verquere Spiel um gemeinsame Liebe und gemeinsamen Tod des mythischen Königskinder-Paares Pyramus und Thisbe, von ihnen mehr schlecht als recht zurecht gehoppelt und gestoppelt, wäre das Happyend gesichert. Doch zwingt eben gerade ihr Scheitern die Ahnung aller Unzulänglichkeit in die Idylle; die Komik ihrer Szene ist die Komik des Lebens, das lachend zu ertragen ist. Und zwar nur so. Thut es? Ja, tut es. Gerade, weil sie so sehr glänzen; durch Bemühen und durch Dilettanz. Gerade deshalb ernten sie nur milden Spott vom kunstverwöhnten Publikum, wenn es sich denn traut, ehrlich zu sein. Die RATTEN aber, für die Schauspielerei nie primär Kunst sein konnte, sondern zum Handwerk wurde, das die Chance für etwas Geld und Anerkennung bietet, setzen Shakespeares ulkige Versager vielleicht erst wieder ins Recht. Oder sind sie, die RATTEN, die Grenzgänger, nicht gerade eben dort - im Theater - an jenen Ort gelangt, wo ihre Abweichung völlig genügt: der Kunst nämlich? Gönnt sich die Gesellschaft mit ihnen nun, wie so oft, nicht doch bloß wieder das gnadenlos gute Gewissen auf Zeit - bis die Modefarben wechseln? Als Handwerker allerdings adeln sie nun ganz zweifelsfrei das Publikum zum Tribunal, das "Daumen rauf und Daumen runter" entscheiden muß über Wohl und Wehe derer, für die kein Platz sein soll in unserer neuen Mitte.

Ulli und Flo, Dragan und Lenin, Abel vom Acker und Monster, Manne und Heinz, Ahmad und Frederic, David und Peter spielen, was Handwerker spielen: Theater.

Antje Wenningmann zeigt Bert Neumanns New Globe im Prater von einer ganz anderen Seite, Michaela Barth stattet die Inszenierung von Ursula Kohlert, Michael Laages und Gunther Seidler aus.

Premiere: 12. Februar 2000 im Prater
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